Immobilienerwerb
in den Niederlanden - Risiken für deutsche Käufer
Wer
ein Grundstück in den Niederlanden erwirbt, kommt nicht umhin, sich mit dem
niederländischen Recht zu befassen, da nach Internationalem Privatrecht das Recht
des Staats gilt, in welchem das Grundstück liegt. Nachfolgend einige
Fallstricke des niederländischen Rechts.
1. Kaufvertrag: schriftlich gültig
Im
Gegensatz zum deutschen Recht ist ein schriftlich abgeschlossener
Grundstückskaufvertrag gültig. Notarielle Beurkundung ist nicht erforderlich.
2.
Die "voorlopige koopakte"
ist nicht vorläufig!
Wer
glaubt, er verstehe etwas niederländisch und aufgefordert wird, eine sog.
"voorlopige koopakte"
zu unterzeichnen, läuft Gefahr, das Schriftstück als "vorläufigen Kaufvertrag"
anzusehen. Weit gefehlt! Auch als "voorlopige koopakte" oder "voorlopige
koopovereenkomst" bezeichnete Schriftstücke sind
rechtsverbindliche Kaufverträge, wenn sie unterschrieben sind.
3.
Vorsicht Vertragsstrafe!
Besonders
tückisch sind Formularkaufverträge: diese enthalten in der Regel eine 10 %ige Vertragsstrafe für den Fall, daß
der Käufer es sich anders überlegt.
Deutsche
Käufer, die in der Vorstellungswelt leben, daß nur
notariell beurkundete Kaufverträge verbindlich sind, laufen Gefahr,
privatschriftliche Verträge, die als "voorlopige
koopakte" bezeichnet werden, als eine reine
Absichtserklärung anzusehen, die sie zu nichts verpflichtet. Ein böses Erwachen
erleben sie dann, wenn sie sich vom Gericht sagen lassen müssen, daß sie einen nach niederländischem Recht wirksamen
Grundstückskaufvertrag abgeschlossen haben und sie verurteilt werden, 10 % des
Kaufpreises als Vertragsstrafe zu zahlen, weil sie vom Kauf Abstand genommen
haben.
4.
Gefahr der Doppelzahlung des Kaufpreises - das Zurückbehaltungsrecht des
Baubeteiligten
Nach
niederländischem Recht hat jeder, der bei der Errichtung eines Bauwerks
beteiligt war, ein Zurückbehaltungsrecht bis zur Zahlung seiner Vergütung. So
braucht z.B. der Schlüsselfertigbauunternehmer den Schlüssel an seinen
Auftraggeber nicht zu übergeben, solange seine Vergütung nicht bezahlt ist.
Dieses Zurückbehaltungsrecht des Baubeteiligten gegenüber dem Auftraggeber
besteht auch im deutschen Recht.
Die
Besonderheit des niederländischen Rechts liegt nun darin, dass das
Zurückbehaltungsrecht des Baubeteiligten nicht nur gegenüber dem Auftraggeber,
sondern auch gegenüber Dritten (d.h. Nicht-Auftraggebern) wirkt - insbesondere
auch gegenüber einem Grundstückskäufer.
Das
Risiko eines Zurückbehaltungsrechts besteht bei im Bau befindlichen Gebäuden
und Neubauten. Ein Grundstückskäufer, der sich nicht gegen
Zurückbehaltungsrechte von Baubeteiligten - hierzu gehören auch Subunternehmer
des Hauptunternehmers, Architekt, Ingenieur und Statiker - absichert, riskiert
daher, daß er den Kaufpreis zahlen muß und obendrein noch die Handwerker und Planer.
Besonders tückisch ist das
Zurückbehaltungsrecht deshalb, weil es aus dem Grundbuch nicht ersichtlich ist.
Der Baubeteiligte muß das Zurückbehaltungsrecht allerdings
in irgendeiner Weise kenntlich machen. Beispielsweise durch Bauzaun, Bauschild,
Nichtüberlassung des Besitzes an den Auftraggeber, fehlende
Funktionstauglichkeit seines Gewerks - er behält etwa den Chip für die
Heizungsanlage noch ein. Informationen darüber, ob die Baubeteiligten in
irgendeiner Weise für Dritte kenntlich gemacht haben, daß
sie ihr Geld noch nicht erhalten haben, lassen sich am sichersten durch eine eigene gründliche Baubegehung gewinnen -
die bloße Einsicht in vom Verkäufer vorgelegte Abnahmeprotokolle
reicht nicht aus.
Es empfiehlt sich, die Kaufpreiszahlung davon
abhängig zu machen, daß das Bauvorhaben
fertiggestellt ist und kein Zurückbehaltungsrecht von Baubeteiligten
besteht. Abhilfe bietet auch eine vom Verkäufer gestellte Bankgarantie gegen
Zurückbehaltungsrechte von Baubeteiligten.
GENSCH - Anwaltsbüro für niederländisches
Recht.
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