Sicherungsabtretung von Kundenforderungen in der Insolvenz des niederländischen Bankkunden - Tipps für deutsche Banken

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Der Fall:

 

Eine deutsche Bank gewährt ihrem niederländischen Kunden Kredit gegen stille Abtretung seiner Kundenforderungen aus Warenlieferungen (Sicherungsabtretung). Der Bankkunde wird insolvent. Der niederländische Insolvenzverwalter zieht die abgetretenen Forderungen ein. Er verweigert die Herausgabe der Gelder an die Bank mit der Begründung, nach niederländischem Recht sei die Sicherungsabtretung von Forderungen unzulässig.

 

Die Frage:

 

Kann die Bank an die vom Insolvenzverwalter eingezogenen Kundenforderungen herankommen?

 

Die Lösung:

 

Beurteilt man den Fall nach niederländischem Recht, so hat der Insolvenzverwalter recht: Ein Forderungsabtretung zu Sicherungszwecken ist unzulässig. Das niederländische Recht lässt eine Sicherheit an Forderungen nur durch Bestellung eines Pfandrechts zu.

 

Beurteilt man den Fall dagegen nach deutschem Recht, so hat die Bank recht. Denn das deutsche Recht kennt kein Verbot einer Sicherungsabtretung von Forderungen.

 

Entscheidend ist also, welches Recht Anwendung findet. Das hängt davon ab, ob deutsche oder niederländische Gerichte über den Fall entscheiden.

 

Deutsche Gerichte würden niederländisches Recht anwenden. Denn nach deutschem internationalen Privatrecht wird die Wirksamkeit der Abtretung nach dem Recht des Staats beurteilt, welches für die abgetretene Forderung gilt. Für die abgetretene Forderung gilt niederländisches Recht, da der Bankkunde als Verkäufer seinen Sitz in den Niederlanden hat und das Recht am Sitz des Verkäufers gilt (ausgenommen Verkäufer und Käufer vereinbaren, dass ein anderes Recht gelten soll). Deutsche Gerichte würden unter Anwendung niederländischen Rechts zu dem Ergebnis kommen, dass die Bank keinen Anspruch auf die vom Insolvenzverwalter eingezogenen Kundenforderungen hat, weil die Sicherungsabtretung nach niederländischem Recht unzulässig ist.

 

Anders die niederländischen Gerichte: Diese würden deutsches Recht anwenden. Denn nach niederländischem internationalen Privatrecht wird die Wirksamkeit der Abtretung nach dem Recht des Staats beurteilt, welches zwischen der Bank und ihrem Kunden gilt. Da die Bank mit ihrem Kunden formularmäßig deutsches Recht vereinbart haben wird, gilt deut­­sches Recht auch für die Frage, ob die Abtretung wirksam ist. Die niederländischen Ge­rich­­te würden unter Anwendung deutschen Rechts zu dem Ergebnis kommen, dass die Bank Anspruch auf die vom Insolvenzverwalter eingezogenen Kun­den­for­de­run­­gen hat, weil die Sicherungsabtretung nach deutschem Recht zulässig ist.

 

Wie nun kann die Bank erreichen, dass die niederländischen Gerichte über den Fall entscheiden und nicht die deutschen Gerichte? Ganz einfach: Die Bank muss schneller sein als der Insolvenzverwalter. Dadurch, dass sie den Insolvenzverwalter vor dem für den Insolvenzverwalter zuständigen niederländischen Gericht verklagt, sichert sie sich eine Entscheidung zu ihren Gunsten. Einer späteren Klage des Insolvenzverwalters gegen die Bank vor dem für die Bank zuständigen deutschen Gericht ist der Wind aus den Segeln genommen, da sich das später angerufene Gericht für unzuständig erklären muss.

 

Fazit: Bei Insolvenz ihres niederländischen Bankkunden kann sich die deutsche Bank ihre Rechte aus der Sicherungsabtretung von Kundenforderungen durch sofortige Klage gegen den niederländischen Insolvenzverwalter vor dem für ihn zuständigen niederländischen Gericht sichern. Wichtig: Nicht erst abwarten, bis der Insolvenzverwalter Geld eingezogen hat, sondern sofort nach Insolvenzeröffnung Klage auf Feststellung erheben, dass der Insolvenzverwalter verpflichtet ist, alle von der Sicherungsabtretung erfassten Kundenforderungen der Bank zum Einzug zu überlassen bzw. alle eingezogenen Kundenforderungen an die Bank auszukehren.

 

GENSCH - Anwaltsbüro für niederländisches Recht.

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